Handarbeit? Fußarbeit!

Handarbeit? Fussarbeit!

Die Handarbeit ist eine sehr alte, traditionsreiche, bewährte Praxis der Pferdeausbildung. Neben der Arbeit mit der Longe und dem, was wir heute unter dem Begriff " Bodenarbeit" zusammenfassen, ist sie eine der drei wichtigen Techniken der Schulung des Pferdes ohne zusätzliches Reitergewicht. Immer schon gab es "Spezialisten" unter den geschulten Pferden, die in dieser Technik brillierten.


Die Arbeit an der Hand gehört , historisch gesehen, schon sehr lange in den Werkzugkasten des fähigen Ausbilders

Pferde und Ponys, die nicht geritten werden können oder sollen, können in der Handarbeit Erfüllung finden. Wichtig ist hier: sie muss reell sein und allen Prinzipien der Reitkunst entsprechen, um dem Indvividuum zu helfen, in die Balance zu kommen und sich so gesund zu bewegen. Hier meine Schülerin Meike mit ihrem Shetlandpony Shorty


Wie beim Reiten wird in der Handarbeit - zu der auch die Langzügelarbeit gehört- eine vollständige Schulung des Pferdes in allen Lektionen, Übungen und Schulen bis hin zur Hohen Schule geleistet. Leider impliziert de Name " Handarbeit", dass das Pferd möglichst mit der Hand geformt werden soll, etwas mit Hilfe der Hand erzeugt werden soll, etc. Das Gegenteil ist der Fall: soll Handarbeit zum Benefit des Pferdes gereichen, dann muss bei dieser Technik, ebenso wie beim Reiten darauf geachtet werden, dass eine zügelunabhängige Führung in weicher Anlehnung erarbeitet wird.


Die Handarbeit ist keine Frage der Zäumung, sondern der Fähigkeit des Menschen, mit Hilfe der Hand Signale des Pferdes über Balancezustände in dessen Körper empfangen zu können

Handarbeit wurde auch manchmal mit mehreren Personen ausgeführt, wie hier bei Berenger


Handarbeit und Bodenarbeit unterscheiden sich in genau diesem Faktor: in der Bodenarbeit gibt die Hand noch deutlich mehr Informationen an das PFerd, während wir optisch überprüfen, wie der Pferdekörper sich formt. In der Handarbeit wird diese optische Überprüfung mehr und mehr verknüpft mit dem Gefühl in der Hand, das vom Pferd vermittelt wird: die Hilfe wird mehr und mehr vom einseitigen Impuls ( zB Parade, Stellung des Genickes, Höhe der Kopf-Hals-Haltung, etc. ) zum gegenseitigen Dialog.

Die Pilarenarbeit , wie hier bei Newcastle im Jahr 1658, ist eine sehr alte Technik, die das Pferd ohne Reitergewicht schulte. Wir nutzen sie heute nicht mehr in der From, wie die alten Meister sie verwendeten, weil unsere Pferde- und asuch wir- nicht mehr gefahrlos mit ihr arbeiten können und sollten deswegen darauf verzichten.

Seitengänge, versammelnde Arbeit und Co. belasten das PFerd an der Hand ebenso, wie unter dem Reiter, deswegen muss man mindestens warten, bis ein Pferd ausgewacjsen ist, bevor man diese Arbeit beginnt um Spätfolgen zu vermeiden. Das ist in der Regel zwischen 6 und 8 Jahren der Fall, kann aber auch länger dauern.


Alle Prinzipien, die uns bei der Arbeit unter dem Sattel so wichtig sind, müssen uns in der Handarbeit ebenso gelten.
Das Allerwichtigste: die Handarbeit ist keine Technik, um ein Pferd in Zwang zu bringen, so dass es schließlich nichts als Hilflosigkeit lernt. Ist ein Pferd an der Hand widersetzlich, gibt es dafür ebenso bedeutsame Gründe wie unter dem Sattel. Diese müssen gesucht und nicht " weggearbeitet" werden! Nur dann kann ein gemeinsamer Weg " auf Augenhöhe" weiter beschritten werden. Die Handarbeit ist keine " Korrekturmethode" für falsche Ausbildung!

 

 


" Hab also Acht, Reiter, auf Dich selbst. Ist Dein Pferd stützig, heftig, ungefügig, so dürfen wir kecklich die Behauptung aufstellen, dir gebricht es an liebenswürdigen Charakter und richtiger Methode."
Francois Baucher

 


Mensch und Pferd auf Augenhöhe: die Handarbeit ist in der Lage, den Dialog zwischen Mensch und Pferd entstehen zu lassen. Vor allem der Mensch lernt hier, das Feedback des Pferdes wahrzunehmen. Hier meine Schülerin Nicole mit Kaltblutstute Zira

Handarbeit gehört in geschulte Hände- hier kann ein Pferd ebenso " verritten werden" wie unter dem Sattel . Man muss sehr genau wissen, was die Elemente sinnvoller Ausbildung sind, um das Pferd an der Hand, so wie hier meinen Finn, zu gesunder Bewegung zu führen. Unter dem Sattel merkt man Balanceverluste oft deutlicher, hier muss das Gefühl des Ausbilders kultiviert werden.


Das französische Wort " travailler à la pied", das " Arbeiten zu Fuß" trifft viel mehr den Kern dieser Technik.
Will ich mein Pferd zügelunabhängig arbeiten, dann muss ich überprüfen:
- ist meine Linienführung korrekt? Halte ich eine gedachte Linie mit meinen Schritten ein
- habe ich einen Standpunkt, biete ich dem Pferd im Zweifelsfall den nötigen Halt?
- ist meine Schrittlänge rechts und links ungefähr gleich lang, so dass ich nicht aus Versehen mein Pferd wegdränge oder anders aus der Balance bringe?
- fühle ich den Pferdekörper in der Hand? Wann brauche ich optische Unterstützung dabei?
- arbeite ich mein Pferd gemäß den Prinzipien der Skala der Ausbildung systematisch und für das Pferd logisch?
- arbeite ich mein Pferd grundsätzlich vorwärts im Sinne der Reitkunst zur Hand hin und wirke nicht rückwärts auf das PFerd ein?
Und schließlich:
- habe ich die richtige Zäumung für mein Pferd gewählt, die Rücksicht nimmt auf seine körperlichen und mentalen Voraussetzungen und die seinem sich ständig ändernden Ausbildungsstand entspricht und ihm hilft, Balance zu finden und zu erhalten?

Handarbeit hat nichts mit Zirkustricks zu tun, sondern ist die absolute Suche nach Leichtigkeit des Körpers- und des Geistes. Wie wenig Einwirkung braucht es, um in Dialog zu kommen?

Die Schulung der Grundgangarten und die Mobilisierung aller Gliedmaßen bei gleichzeitiger Herstellung von Tragkraft im Rumpf: das Ziel der Arbeit " zu Fuß" . Hier werden nicht nur Bewegungsabläufe beim Pferd geschult, sondern regelrecht das "Reiten zu Fuß" entwickelt. Alle Hilfen müssen am Boden exakt so gegeben werden, wie unter dem Sattel, erst dann ist Handarbeit reell im Sinne der Reitkunst. Losgelassenheit, Durchlässigkeit, Tempo, Takt, Schwung, Anlehnung, Geraderichten , Versammlung: diese Elemente zeigen, ob in die Balance gearbeitet wurde.